800 Jahre Saalemühle
erschienen im Dezember 2012
108 Seiten, nicht im Handel
“Die Erstellung unserer Firmenchronik war die erste Zusammenarbeit mit Frau Männig. Mit großer Akribie und Leidenschaft hat sie sich dieser sehr umfangreichen Aufgabe angenommen und es hat uns viel Spaß gemacht, mit ihr dieses für unser Unternehmen wichtige Werk auf die Beine zu stellen. Das Ergebnis ist eine inhaltlich gut recherchierte und interessant zu lesende Geschichte unseres Unternehmens. Gerne wieder!”
Anja Gutting, Saalemühle Alsleben GmbH
Über die Anfänge der Müllerei im Saaletal und ihre Entwicklung in Mittelalter und Neuzeit ist bereits viel geschrieben worden. Aus diesem Grund werden jene Zeiträume in der vorliegenden Darstellung weniger tiefgreifend behandelt als die jüngere Vergangenheit des 19. und vor allem des 20./21. Jahrhunderts. Wie sich die gesellschaftlichen Umbrüche der letzten 200 Jahre auf die Mühle, die Stadt Alsleben und die Region – aber besonders auf die Menschen hier – auswirkten, steht im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit.
Wie in den vergangenen 800 Jahren, so ist auch heute ein harmonisches Zusammenspiel einzelner Standortfaktoren der Grund dafür, dass die Mühle besonders in den vergangenen 20 Jahren einen beispiellosen Aufschwung genommen hat. Die Wertigkeit der Faktoren, die zur Mühlengründung und letztlich zur langen Mühlentradition in Alsleben führten, hat sich in den vergangenen Jahrhunderten immer wieder verschoben. Auch diese interessante Entwicklung beleuchtet die Chronik.
Meine Leistungen
An diesem Projekt arbeitete ich vom Sommer 2011 bis zum Sommer 2012. Historische Unterlagen zur ehemaligen Stadtmühle Alsleben haben sich leider nur zu einem ganz geringen Teil erhalten, so dass sich die Forschung anfänglich sehr schwierig gestaltete. Nach Aufrufen in der Bevölkerung, die die Saalemühle GmbH über die Presse verbreiten ließen, kamen schließlich doch einige interessante Materialien zusammen. Auch das Stadtarchiv Alsleben und besonders das Museum Bernburg bargen Unterlagen, mit deren Hilfe es gelang, der Mühlengeschichte näher zu kommen. Besonders die Recherche im Landeshauptarchiv Sachsen-Anhalt, Abt. Merseburg, brachte Material von einiger Brisanz zutage, nämlich zum Einsatz von ZwangsarbeiterInnen während des Zweiten Weltkriegs. An dieses Kapitel Mühlengeschichte erinnerte man sich bis dato weder in der Mühle noch in der Alslebener Bevölkerung.
Fakten und Geschichten zur jüngeren Vergangenheit erfuhr ich bei ZeitzeugInnengesprächen, anlässlich derer auch zahlreiche Fotos den Weg zu mir und anschließend ins Buch fanden.
Das Layout der Chronik übernahm die Agentur des Auftraggebers, der ich die Daten zuarbeitete.
Leseprobe
Saalekähne als Transportmittel
Bis zum Beginn der Sechzigerjahre erfolgten der Getreide- und Mehltransport auch noch auf der Saale. Guter Manitoba für den Hartweizengrieß kam aus Kanada via Hamburg nach Alsleben. Führte die Saale nicht genug Wasser, mussten die Kähne in Magdeburg oder Nienburg geleichtert werden. Dort ging man mit den Saugern hinein – den Rest der Ladungen sollten die Beschäftigten der Alslebener Mühle dann mühsam herausschippen. Dabei standen die Arbeiter enorm unter Zeitdruck, schließlich mussten die Standzeiten der Kähne so gering wie möglich gehalten werden. Die Standgelder, die die Mühle zu zahlen hatte, erschienen in jedem Rechenschaftsbericht und waren den staatlichen Leitern regelmäßig zu hoch. Es geschah nicht selten, dass die Arbeiter der Frühschicht nach Dienstschluss bis zum Abend damit beschäftigt waren, Kähne zu ent- oder beladen. Und auch die Heilige Nacht war nicht heilig genug, um sie nicht beim Entleeren von Kähnen zuzubringen. Leicht sammelten sich dafür 30 bis 90 Überstunden im Monat an. Die Entladung eines Kahnes aus dem NSW (Nichtsozialistisches Wirtschaftsgebiet) war aber auch noch in politischer Hinsicht eine Herausforderung, denn ein Kontakt mit den Schiffern wurde gar nicht gern gesehen. Ein Volkspolizist beobachtete vom Pregelwehr aus, dass alles seinen sozialistischen Gang ging. Auch aus dem polnischen Szczecin (Stettin) und aus Mecklenburg kamen Getreidelieferungen in Alsleben an, wo man den Hartweizen mit einheimischem Weichweizen mischte. Erst ab Mitte der Sechzigerjahre erfolgte die Getreideanlieferung per Bahn, die guten Hartweizen aus dem ungarischen Bruderland brachte. Bis dahin legten jeden zweiten Tag die langen Getreidekähne in Alsleben an.
Das fertige Mehl transportierten die Frauen später abgesackt in Sackkarren wieder zurück auf andere Transportschiffe. Es bedurfte einiger Übung, ehe man den richtigen Dreh heraus hatte, um den Sack von der Karre in den Laderaum des Schiffes und nicht in die Saale zu kippen.