Bei Oma schmeckt’s am besten.
Unsere Kindheit in der DDR
Dieses Buch erzählt auf 80 Seiten in 24 kurzen Geschichten Heiteres, Unterhaltsames und Nachdenkliches über die Kindheit in der DDR in den 1950er bis 1980er Jahren.
ntstand im ersten Halbjahr 2009. In den kleinen Familiengeschichten finden Leserinnen und Leser oft Eigenes und längst vergessen Geglaubtes wieder. Zahlreiche Abbildungen aus privaten Fotoarchiven vervollständigen die Texte.
Meine Leistungen
Für diese Geschichtensammlung haben ich zahlreiche Menschen nach ihren Erlebnissen befragt und die Geschichten später aufgeschrieben. Ich sammelte Fotos und Abbildungen, um die Beiträge zu illustrieren.
Leseprobe
„Champagnerbeige“, so stand es 1988 in der Rubrik „Farbe“ in der Zulassung unseres ersten und einzigen Trabants. Wir hatten Jahre auf ihn gewartet und schlossen ihn sofort in unsere Herzen. Wir wussten nicht, ob Champagner wirklich so gelblich aussah und es war uns auch egal! Das war unser Auto! Vorbei die Zeiten, da meine Eltern bei Wind und Wetter auf der Simson zur Arbeit fuhren. Vergessen die Brandblasen, die ich mir geholt hatte, als ich, zwei volle Einkaufstaschen balancierend, nach links vom Sozius abstieg und meine nackte Wade am heißen Auspuff verbrannte. Das war alles Schnee von gestern. Nun waren auch wir unter den Autobesitzern! Eine handgestrickte Schlummerrolle kam ins Heck und Fellbezüge, so beige wie Champagner, auf die Sitze. Ausgestattet mit Zierradkappen und Zierleisten, so tuckerten wir fortan durchs Land. Nicht nur durch unser Land, sondern auch durch die befreundeten Bruderstaaten! Durch die Tschechoslowakei bis nach Ungarn düsten wir in mehr als zehn Stunden. Mein hochgewachsener Bruder konnte sich auf der Rückbank beinahe mit den Knien die Ohren zuhalten und einiges an Gepäck hatten wir auch noch zu unseren Füßen, aber wie heißt es so schön: Besser schlecht gefahren als gut gelaufen!
In unserem ersten gemeinsamen Frühling fuhren wir so oft es ging aus. Ich machte es mir im Fond mit der Schlummerrolle gemütlich. Anschnallen brauchte und konnte man sich nicht, also durfte man auch liegen. Herrlich! Doch auch die Großeltern stiegen gerne mit ein. Dann rutschten wir auf der Rückbank zusammen und hatten auch zu dritt Platz.
Wenige Jahre später war die Welt plötzlich größer geworden, und wer, wenn nicht unser Trabi, hätte sie uns erschließen sollen? Gemeinsam mit hellblauen, weißen, grünen und auch einigen champagnerbeigen Artgenossen reihte er sich mit uns ein in den langen Autokorso Richtung Westen. Dort schlugen ihm lachende Menschen freundlich aufs Dach und mein Vater meinte: „Bloß gut, dass wir nicht mit dem Moped gekommen sind!“